Einfach mal Schuhe machen? Dass man sich bei Rapha mit so etwas nicht zufrieden gibt, ist klar. Auch die bisherigen Modelle hatten immer etwas, das sie von der Konkurrenz abhob – und sobald der Wettbewerb aufgeholt hatte, stellten die Briten eine neue Innovation vor. Die aktuellen Pro Team Shoes dürften freilich so bald keine Nachahmer finden – zu eigenständig ist das Material, aus dem der neue Rennradschuh gefertigt ist.
Immer wieder tauchen im Webshop der Briten ausgefallene Artikel auf, und manches ist ebenso schnell wieder verschwunden. Etwa der bizarre Trainingsanzug, der in Kooperation mit dem niederländischen Textilhersteller Byborre entstand und vielleicht ein Hinweis darauf war, dass Rapha mit neuen Materialien und Fertigungstechniken experimentiert, wie sie beim Pro Team Shoe zum Einsatz kommen. Dieser verabschiedet sich nämlich vom Mikrofasermaterial, aus dem so ziemlich jeder Radschuh der letzten zwei bis drei Jahrzehnte gefertigt wurde, und präsentiert stattdessen ein neuartiges 3D-Gewebe, das schon bei der Herstellung jene Form aufweist, die der Schuh später haben wird. Das ermöglicht es, den Oberschuh aus einem Stück zu fertigen, anstatt einzelne Teile vernähen zu müssen; außerdem kann das Material so konturiert werden, dass fest am Fuß sitzt. Jeder kennt (Rad-) Schuhe, die hier drücken und da zu locker sitzen – dem will Rapha mit dem neuen Modell abhelfen.
In anderer Hinsicht haben sich die Briten dabei dem Mainstream angenähert. Wo die letzte Schuhgeneration mit Schnürung und Klettriemen ausgestattet war, vertrauen die Pro Team Shoes auf das bewährte BOA-System, das sich in feinen Schritten fester und lockerer stellen lässt. Das ist funktionell und praktisch, außerdem lassen sich leicht Ersatzteile beschaffen, sollte beispielsweise einmal eines der Zugseile reißen.
Wo herkömmliche Radschuhe mit Perforationen oder Netzeinsätzen ausgestattet sind, präsentieren sich die Pro Team Shoes vollkommen glattflächig; das Material selbst soll nämlich ein gewisses Maß an Durchlüftung bieten – logo, ist ja auch ein Gewebe. Das klingt vielversprechend, denn die nur punktuelle Luftzufuhr kann bei herkömmlichen Radschuhen durchaus den Tragekomfort reduzieren, gerade, wenn es besonders heiß ist.
Heißt das im Umkehrschluss, dass die Pro Teams Shoes nässeempfindlich sind? Laut Hersteller nicht, denn das Gewebematerial ist imprägniert und soll dauerhaft dicht halten. Ein ausgemachter Schlechtwetterschuh dürfte der edle Pedaltreter natürlich nicht sein – dafür gibt es ja noch ein paar älterer Radschuhe im Fahrradkeller bzw. Überschuhe.
Ein weiterer Punkt, den der britische Anbieter betont, ist das geringe Gewicht der Schuhe. Konventionelle Modelle wiegen um die 300 Gramm pro Stück; unser Muster in Größe 41 drückt mit 257 Gramm auf die Waage, woran die wertige Einlegesohle einen Anteil von 29 Gramm hat. Das ist minimal mehr als angegeben, in jedem Fall aber ein guter Wert. Dabei machen die Pro Team Shoes einen ausgesprochen soliden Eindruck, gerade angesichts der Kunststoff-Fersenkappe mit dem großen Markenlogo. Die großflächige Gummierung am Absatz und im Zehenbereich verspricht Haltbarkeit und Trittsicherheit, wo es bei anderen durchaus einmal rutschig zugehen kann.
Schaut man sich an, was Premium-Radschuhe inzwischen kosten, ist auch der Preis von 310 € nicht überkandidelt. Rapha liegt damit deutlich unter dem, was Marken wie Giro, Fizik oder Specialized für ihre Topmodelle aufrufen – nicht zu reden von Mavics 700-€-Schuh. Die besondere Exklusivität, welche den Schuhe der britischen Marke umweht, können jene Hersteller dabei nur ansatzweise bieten. Nicht etwa, weil „RAPHA“ draufsteht; vielmehr angesichts des wirklich innovativen Konzepts, das sich nun erst einmal in der Praxis bewähren muss. Wer die hohe Funktionalität der Marke kennt, hat jedoch kaum Zweifel daran, dass dies gelingt.