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MountainbikesRadsportTests

Mountainbikes: Test: BH Lynx 4.8 29″ 7.9 – Verspielter Trail-Allrounder

19. Mai 2016 by Michael Faiß

Test: Mit dem BH Lynx 4.8 29″ 7.9 hatten wir ein 29″ Mountainbike der spanischen Traditionsschmiede im Test, das mit seiner modernen Geometrie, 120mm Federweg und einer hochwertigen Ausstattung nicht so recht in die etablierten Kategorien Cross Country, Trail und Allmountain passen mag. Wie sich im Test herausstellte, liegt jedoch genau darin die große Stärke des Lynx.

BH Lynx 4.8 29″ 7.9 – Rahmen

Das BH Lynx 4.8 kommt entweder mit Carbon- oder Aluminiumrahmen – im Test haben wir uns die Top-Aluminiumvariante vorgenommen. Der in allen drei Ausstattungsvarianten in Blau-Schwarz gehaltene Rahmen fällt zuerst durch eine durchaus markante Formsprache auf: Die wuchtige Dämpferwippe und der starke Knick im Sitzrohr dominieren die Optik des exzellent verarbeiteten Rahmens. Saubere Schweißnähte, sehr widerstandsfähiger Lack und moderne Standards wie das Pressfit 92 Innenlager und die 142×12 Steckachse im Hinterbau überzeugen. Weniger modern ist die externe Verlegung der Leitungen und Züge an den Aluminiummodellen des Bikes – auch wenn dies die Wartung deutlich vereinfacht, könnte sich der eine oder andere optisch an den vielen Leitungen und Außenhüllen stoßen.

Bei genauerer Betrachtung entdecken wir zu unserer Überraschung am Tretlager auch eine ISCG 5 Aufnahme für Kettenführungen – das ist für ein Rad in dieser Federwegsklasse ungewöhnlich, erweitert den Einsatzbereich jedoch deutlich und dürfte von vielen Fahrern begrüßt werden. Zudem ist dies ein erster Fingerzeig, wo BH sein Lynx 4.8 sieht: Wäre das 120mm Fully der Basken ein zahmes Tourenrad, bräuchte es eine solche Aufnahme gewiss nicht. Ein weiteres Indiz für die eher wilde Natur des Lynx 4.8 ist die großzügige Reifenfreiheit im Hinterbau: Auch wenn man ab Werk auf 2,25″ Pneus von Michelin setzt, finden dort problemlos Reifen mit einer Breite von bis zu 2,4″ Platz.



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Ein besonderes Merkmal des BH Lynx 4.8 ist das Hinterbaukonzept mit dem Namen Split Pivot. Entwickelt wurde dieses vom Fahrrad-Guru Dave Weagle, einer der prägendsten Figuren im Bereich der Hinterbaukonstruktionen. Um die Vorzüge dieses Designs zu verstehen, muss man sich zuerst die grundlegende Problematik an vollgefederten Bikes vor Augen halten: Während der Fahrt wirken zu beinahe jedem Zeitpunkt immer drei Kräfte auf den Hinterbau eines Mountainbikes ein:

  1. Beschleunigung: Der Fahrer bringt durch das Pedalieren Zug auf die Kette und beschleunigt das Rad.
  2. Bremsen: Egal ob vorsichtiges Anbremsen oder Vollbremsung: Die Kräfte, die dadurch auf den Hinterbau wirken, sind enorm.
  3. Untergrund: Der Hinterbau bewegt sich mit jeder Erhebung und jedem Loch auf dem Trail.

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Für die Ingenieure von Fahrradrahmen ist es oft sehr schwierig, einen Hinterbau zu entwickeln, der mit allen drei Einflüssen zurechtkommt und vor allem in jeder Situation. Vor einigen Jahren gehörten aus diesem Grund unangenehme Effekte wie Bremsstempeln oder Pedalrückschlag zum Fully wie die Kette zum Fahrrad. In den letzten Jahren hat sich hier viel getan, eben auch wegen Entwicklungen von Dave Weagle. Seinem 2012 erstmals auf den Markt gebrachtes Split Pivot System gelingt es – vereinfacht gesagt – die drei erwähnten Faktoren, Beschleunigung, Bremsen und Untergrund voneinander zu trennen. Jede Komponente wirkt nur auf einen Teil des Hinterbaus und lässt sich so auch unabhängig vom Rest beeinflussen und steuern.

In der Praxis bedeutet das, dass der Hinterbau beispielsweise immer gleich arbeitet, egal ob man mit Vollgas und offener Bremse über den Trail brettert oder sich „mit gezogener Handbremse“ den Hang hinunter tastet. Ebenso erreicht die Kraft vom Pedal den Trail direkt, ohne den Umweg über den Dämpfer zu gehen. Das Ergebnis ist ein sehr antriebsneutraler Hinterbau.

BH Lynx 4.8 29″ 7.9 – Geometrie

Die Geometrie des BH Lynx 4.8 platziert das 120mm-Rad am ehesten in der Kategorie der Trailbikes – ein langer Reach sorgt in Kombination mit dem flachen Lenkwinkel von 68° für viel Ruhe auch auf schwierigem Terrain und platziert den Fahrer sehr mittig im Bike. Die 29″ Laufräder ergänzen dieses Konzept hervorragend: Das verglichen mit den kleineren Pendants deutlich bessere Überrollverhalten sollte für noch mehr Reserven sorgen und dem Fahrer vor allem in technischen Uphill-Passagen unter die Arme greifen.



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Die Kettenstreben sind mit 430mm für ein 29″ – Fully erfreulich kurz: Damit dürfte das Lynx auch trotz der großen Laufräder nur wenig von seiner Agilität einbüßen. Dass die kurzen Streben das Rad in der Abfahrt auch ein wenig nervöser machen könnten, sehen wir angesichts der Einordnung des Lynx 4.8 nicht allzu kritisch: Wer ein Bike zum stumpfen Ballern sucht, ist hier ohnehin an der falschen Adresse.

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Nicht nur optisch sticht zudem das stark geknickte Sitzrohr heraus, es führt auch bei der Geometrie zu einigen Besonderheiten, die es zu beachten gilt. Denn dieser Knick bedeutet, dass der effektive Sitzwinkel, der üblicherweise senkrecht über der Kurbel gemessen wird, mit größerem Sattelauszug sinkt. Ein kleinerer Sitzwinkel beeinträchtigt die Bergauf-Performance, da man das Gefühl bekommt, „von hinten“ zu treten und die Kraft damit nicht optimal umgesetzt werden kann. Nun ist man sich bei BH dieser Problematik natürlich bewusst und der effektive Sitzwinkel des Lynx 4.8 liegt bei einer Sattelüberhöhung von 0 bei sehr guten 73°. Problematisch werden könnte es für Fahrer, die im Verhältnis zur Körpergröße sehr lange Beine haben und gezwungen sind, die Stütze sehr weit auszuziehen. Hier könnte dann auch ein Blick auf die nächst-größere Rahmengröße lohnen.

BH Lynx 4.8 29″ 7.9 – Ausstattung

Jeweils drei Ausstattungsvarianten bietet BH von seinem Lynx in Aluminium und Carbon an. Bei uns musste sich die Alu-Topversion mit einem Preisschild von 2.999€ beweisen. Für die beiden anderen Alu-Modelle werden 1.999€ bzw. 2.399€ fällig, die Varianten mit Kohlefaserrahmen liegen zwischen 3.999€ und 7.999€.

Ausstattungsvarianten BH Lynx 4.8 29″



BH Lynx 4.8 Alu 29' 7.5BH Lynx 4.8 Alu 29' 7.7BH Lynx 4.8 Alu 29' 7.9BH Lynx 4.8 Carbon 29' 9.5BH Lynx 4.8 Carbon 29' 9.7BH Lynx 4.8 Carbon 29' 9.9

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Gabel: Rock Shox 30 Gold RL Air 120mm
Dämpfer: SR Suntour Epixon
Antrieb: Shimano Deore/SLX
Bremsen: Shimano M506

Preis: 1.999,90€

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Gabel: Rock Shox Recon Gold RL 120mm
Dämpfer: Rock Shox Monarch RT
Antrieb: SRAM GX11
Bremsen: Magura MT4



Preis: 2.399,90€



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Gabel: FOX 32 Fit4 120mm
Dämpfer: FOX Float DPS RL
Antrieb: Shimano XT
Bremsen: Shimano XT

Preis: 2.999,90€



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Gabel: Rock Shox Recon Gold RL 120mm
Dämpfer: Rock Shox Monarch RT
Antrieb: SRAM GX11
Bremsen: Magura MT4

Preis: 3.999,90€

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Gabel: FOX 32 Fit4 120mm
Dämpfer: FOX Float DPS RL
Antrieb: Shimano XT
Bremsen: Shimano XT



Preis: 4.999,90€



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Gabel: Rock Shox RS1 RL
Dämpfer: Rock Shox RT
Antrieb: Shimano XTR
Bremsen: Shimano XT

Preis: 7.999,90€



Die Ausstattung unseres Testrads ist durchweg hochwertig. Das Fahrwerk kommt von FOX: Die neue Float 32 Gabel an der Front besitzt die vor zwei Jahren eingeführte Fit4 Dämpfungskartusche und macht mit guter Performance die Probleme der Vorgängergeneration vergessen. Selbiges gilt für den Float-Dämpfer mit Kashima-Coating, der ebenso wie die Gabel direkt per Lenker-Fernbedienung auf die Anforderungen des Untergrunds angepasst werden kann. Neben offener und geschlossener Einstellung erweist sich hier vor allem das mittlere Trail-Setting als sehr gute Wahl für die meisten Trails.



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Beim Antrieb und den Bremsen setzt BH voll auf die Expertise aus dem Hause Shimano: Das Lynx 4.8 7.9 kommt mit dem brandaktuellen 11-fach XT Antrieb – lediglich bei der Kurbel sucht man vergebens nach dem XT-Schriftzug, denn hier kommt das neue, gruppenlose MT700-Modell zum Einsatz, das aber bis auf wenige Gramm Mehrgewicht dem XT-Pendant in nichts nachsteht. Der 2-fach Antrieb mit 36/26 an der Front und einer 11-42 Kassette hinten bietet eine enorme Bandbreite, mit der man für wirklich fast jedes Terrain gewappnet ist.

Die XT Bremsen kommen mit 180mm Scheibe an der Front und 160mm hinten – je nach Fahrergewicht und Einsatzgebiet des Bikes könnte es möglicherweise Sinn machen, die hintere Scheibe gegen ein Modell mit 180mm zu tauschen. Die Anbauteile – Lenker, Vorbau und Sattelstütze – tragen allesamt den Schriftzug BH Super Lite und kommen aus eigenem Hause. Optisch und technisch unauffällig verrichten sie einen unaufgeregten Job.



Auch die Laufräder kommen von BH selbst, sind mit den 21mm breiten Aluminiumfelgen aber erfreulich leicht und wissen uns durchaus zu überzeugen. Die Reifenkombination aus leichtrollendem Michelin Wild Racer am Hinterrad und dem etwas bissigeren Grip’R vorn macht Sinn und ist dem Einsatzbereich des Lynx durchaus angemessen. Insgesamt sind wir wirklich angetan von der sehr guten Ausstattung des BH-Bikes, jedoch vermissen wir bei einem Allroundbike wie dem Lynx eine Variostütze doch sehr. Wer gerne und öfter auf steileren Trails und anspruchsvollem Gelände unterwegs ist, sollte diese nachrüsten.

BH Lynx 4.8 29″ 7.9 – Auf dem Trail

Wir haben das BH Lynx 4.8 auf den vielen schönen Trails im bayerischen Wald auf die Probe gestellt und es sowohl steile Hänge nach oben als auch flowige und teils verblockte, technisch schwierige Passagen nach unten gescheucht. Sogar auf der Flow Country Strecke im Bikepark am Geißkopf durfte sich das baskische Bike austoben. Was wirklich allen unserer Tester sofort in den ersten Momenten auffiel, war die Wendigkeit und die Agilität des Lynx. Die mittige Sitzposition verbunden mit den kurzen Kettenstreben laden regelrecht zum Spielen ein und machen gerade auf verwundenen Flowtrails mächtig Laune.



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Auf steileren Passagen hätten wir uns wie bereits erwähnt wirklich eine Variostütze gewünscht. Zwar kommt das Lynx 4.8 in unserer Ausstattungsvariante mit einem Sattelschnellspanner, jedoch lässt sich die 400mm lange Stütze nur bis zum Knick im Sattelrohr versenken. Da hätten wir uns das eine oder andere Mal ein bisschen mehr Freiraum unter dem Gesäß gewünscht. Das Bisschen Ärger über die Stütze verflog jedoch recht schnell, wenn das Bike einmal in Fahrt kam: Das FOX-Fahrwerk harmoniert hervorragend mit dem Split Pivot Hinterbaukonzept, gibt einerseits gutes Feedback vom Trail, fühlt sich jedoch auch nach deutlich mehr als ’nur‘ 120mm Federweg an. Auch bei Kletterpassagen ließ sich kaum ein Wippen vom Hinterbau wahrnehmen – falls doch, genügte ein Knopfdruck am Lenker und Gabel und Dämpfer wurden gleichzeitig in den Lockout versetzt. Der Antrieb überzeugte auf ganzer Linie – Schaltvorgänge sind präzise und knackig und das gedämpfte Schaltwerk sorgt für Ruhe und reduziert das Kettenschlagen auf ein absolutes Minimum.

Die Reifen machten einen insgesamt guten Job, vor allem der Wild Grip’R am Vorderrad wusste auf dem trockenen, losen Waldboden zu überzeugen. Der erfreulich leicht-rollende Racer am Hinterrad bot jedoch nicht gar so viele Reserven und neigte in der einen oder anderen Situation ein wenig zum Rutschen. Die Reifenfrage ist jedoch höchst individuell und die Kombination, mit der das Lynx ausgeliefert wird, bietet einen gelungenen Kompromiss zwischen geringem Rollwiderstand und gutem Grip – mit leichter Tendenz zum geringen Rollwiderstand.



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BH Lynx 4.8 29″ 7.9 – Fazit

Nach einigen Stunden Testfahrt, die verschiedene Fahrer auf dem BH verbracht haben, war klar: Dem spanischen Hersteller ist mit dem Lynx 4.8 29 ein wirklich starkes Bike gelungen. Es tänzelt spielerisch zwischen den Bereichen Cross Country, Trail und Allmountain, es klettert gut, fühlt sich aber auch auf anspruchsvolleren Trails zuhause. Der Hinterbau arbeitet effizient und man mag in der einen oder anderen Situation kaum glauben, dass da wirklich nur 120mm zu Verfügung stehen. Lediglich die fehlende Variostütze verbunden mit der nur begrenzten Versenkbarkeit trübten den Spaß ein wenig und schränken das Lynx etwas ein. Wer hier noch nachrüstet, bekommt ein tolles Mountainbike, das der so oft gewünschten „Eierlegenden Wollmilchsau“ verdammt nahe kommt.

Stichworte:AllmountainBHBH LynxMTBNewsTrail

Über Michael Faiß

Michael Faiß hat in München Englisch und Geschichte studiert. Nach einem einjährigen Aufenthalt in England arbeitete er als Übersetzer unter anderem für das Magazin Procycling und das Degen Mediahouse. Außerdem ist er seit der Kindheit passionierter Radfahrer und –schrauber und fühlt sich vor allem abseits der asphaltierten Wege zuhause.

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